HighEnd-Geräte sind in Deutschland grundsätzlich den großen Herstellern wie Samsung, Apple oder Sony vorbehalten. Mit dem X2 Soul Xtreme wagt seit letztem Jahr auch erstmals einer von den „Kleinen“ – nämlich der rumänische Hersteller Allview – den Sprung nach (fast) ganz oben. Denn das Xtreme will ein echtes Flaggschiff sein.
Die technische Ausstattung klingt hierfür zumindest vielversprechend. Der äußerst leistungsfähige Mediatek Helio X10 ist bis heute in keinem anderen Gerät offiziell in Deutschland erhältlich, jedoch in Asien bereits für seine Leistungsfähigkeit bekannt. 64GB interner Speicher plus microSD-Slot (bis 128GB), DualSIM, Fingerabdrucksensor, 6Zoll AMOLED-WQHD-Display (1440x3840Pixel), Alurahmen, 3GB RAM, NFC, 24MP Hauptkamera, 8MP Selfieshooter mit eigenem Autofokus… die Liste der nennenswerten Ausstattungsmerkmale ist genau so lang wie beeindruckend.
Ob das Gerät nur auf dem Papier mit den „Großen“ mithalten kann, konnte ich in gut zwei Wochen Praxistest selbst erfahren. Hier der Testbericht:
Ist das Allview X2 Soul Xtreme jetzt ein echtes Flaggschiff oder nicht? Kurz gesagt: eher ja! Die Performance, die Ausstattung und das Display sprechen ganz klar für das eher unbekannte Gerät. In diesen Bereichen ist man mit den Konkurrenzprodukten – allen voran dem Samsung Note 4 und dem Motorola Nexus 6 – mindestens auf Augenhöhe, teilweise werden diese sogar übertrumpft. Doch leistet sich das Xtreme auch ein paar Schwächen, die der Konkurenz so nicht bekannt sind. Die deutsche Übersetzung der Software ist „allviewtypisch“ skurril bis unsinnig, die Verarbeitung des Gehäuses lässt beim Testgerät ebenfalls zu wünschen übrig. Hier die wichtigsten Punkte:
Abgesehen vom Formfaktor – 6Zöller muss man mögen – ist das X2 Soul Xtreme eine schicke Erscheinung. Der umlaufende Alurahmen mit den polierten Kanten verleiht dem Gerät ein edel anmutendes Äußeres. Die Lautstärkewippe, An-/Austaste und Kamerataste sind mit erträglichem Spiel auf der rechten Seite eingelassen und im Normalbetrieb gut erreichbar (für Rechtshänder zumindest).
Im Detail findet man aber dennoch ein paar Kritikpunkte. So ist die Rückseite bei meinem Testgerät nicht sauber auf dem Gerät zentriert. Dadurch entsteht auf der linken Seite eine unangenehme Kante. Auch die microUSB-Buchse konnte durch seine rechteckige Form nicht 100%ig überzeugen, da dies die benötigte Lage des entsprechenden Steckers unnötig erschwert.
Hier hat Allview ganze Arbeit geleistet. Die Darstellung des Displays ist jederzeit scharf. Der Schwarzwert ist AMOLED-typisch hervorragend. Selbst die Farben werden verhältnismäßig natürlich dargestellt (oft eine deutliche Schwäche der AMOLED Technologie). Auch bei der Blickwinkelstabilität verdient sich das Xtreme Bestnoten.
Wenn man hier etwas bemängeln will, dann höchstens die verhältnismäßig hohe minimale Helligkeit – bei Stockfinsterer Nacht liegt diese leicht über dem, was noch angenehm ist. Außerdem funktioniert das KnockOn-Feature (2x kurz auf das ausgeschaltete Display tippen) zwar recht ordentlich, jedoch nicht ganz so schnell und zuverlässig wie bei einigen anderen Geräten (z.B. das bq E6 oder das Allview X2 Soul Lite)
Ein letzter Wehrmutstropfen: Die kapazitiven Tasten unterhalb des Displays sind nicht beleuchtet. Was Allview zu dieser Entscheidung veranlasst hat, darüber kann ich nicht einmal spekulieren.
Kann der Helio X10 mit dem Snapdragon 810 mithalten? Vermutlich nicht ganz. Wird das jemand außerhalb von Benchmarks feststellen können? Wohl kaum. Denn an die Leistungsgrenze bringt man diesen Chipsatz wohl mit annähernd keiner aktuellen App. Im Test konnte das Xtreme beim CPU-lastigen Spiel „Bloons TD5“ sogar das Nexus 6 auf die Plätze verweisen. Daher kann man das Allview-Flaggschiff ohne zu übertreiben leistungstechnisch in die HighEnd-Region einordnen.
Beim Xtreme kommt ein stark abgewandeltes Andorid 5.1 Lollipop zum Einsatz, wie es schon von anderen Allviewgeräten bekannt ist. Und auch dieses mal ist die deutsche Übersetzung völlig misslungen. Entweder wird direkt ein englischer Text angezeigt oder – noch schlimmer – eine Übersetzung, die wohl aus einer automatischen Texterkennung auf das Gerät gebacht wurde. So wird der „freie Speicher“ als „kostenlos“ bezeichnet oder die Akkuprozentanzeige neben dem Symbol nennt sich „Digital Art (im Garten)“. Direkt mit der englischen Version der Software zu arbeiten, kann hier viele Probleme im Vorfeld lösen, sofern man des Englischen mächtig ist.
Auf der Habenseite bietet die Software einige nette Gimmicks. Der Berechtigungsmanager, der SuperScreenshot oder die konfigurierbaren Schnelleinstellungen bieten einen echten Mehrwert im Vergleich zum Stock-Android. Auch die geringe Anzahl an Bloatware-Apps soll hier nicht unerwähnt bleiben, auch wenn die Allview-App im Test zu einem Akku-Drain geführt hat
3500mAh klingen nach hohen Laufzeiten. Tatsächlich liegt die Akkuperformance aber eher im leicht unterdurchschnittlichen Bereich. Über den Tag kommt man als Normalnutzer zwar recht problemlos, doch die energiehungrigen Komponenten – allen voran das hoch auflösende, große Display – fordern ihren Tribut und verhindern so eine bessere Bewertung in diesem Bereich.
Durch die eingebaute Schnelladefähigkeit ist der Energiespeicher dafür sehr schnell wieder voll. Unter 2 Stunden um von 10% auf 99% zu kommen bei eingeschaltetem Display mit minimaler Helligkeit und Originalladegerät – das ist ein Spitzenwert unter den bisher von mir getesteten Geräten.
Wie gut ist denn nun eine 24MP-Handykamera? Antwort: Ordentlich, aber keine Spitzenklasse. Zwar gelingen die Aufnahmen mit beiden Kameras recht detailreich, wirken aber manchmal etwas blass. Bei schwachen Lichtverhältnissen stößt der Sensor auch schnell an seine Grenzen.
Außerdem bekommt der Autofokus bei Makroaufnahmen schneller als viele andere Handykameras Probleme. Wenn man näher als etwa 20cm an das zu fotografierende Objekt herangeht gelingt es ihm nicht mehr das Bild scharf zu stellen. Andere Kameras können das auch noch bei bis zu 5cm Abstand.
Der viel beworbene „Ultra-Pixel Modus“ konnte im Test ebenfalls nicht überzeugen. Hierbei werden 5 Bilder hintereinander aufgenommen und daraus ein 120MP-Bild errechnet. Möglicherweise ist diese Funktion mit Hilfe eines Stativs sinnvoll. In der freien Hand geführt werden die Ergebnisse verschwommener als eine normale Aufnahme.
Die nun folgenden Selfies liegen im Originalformat vor, alle anderen Bilder mussten verkleinert werden. Die Originale aller Bilddatein findet ihr Hier.
Bei Wlan, Bluetooth, NFC, Radio oder Mobilfunk gibt es nichts auszusetzen. Alles funktioniert im üblichen Rahmen wie es soll. Lediglich die Bildschirmübertragung via Miracast hat im Test deutliche Probleme gemacht. Möglicherweise ist dieser Standart mit der WQHD-Auflösung des Xtreme überfordert. In jedem Fall wurden sowohl Bild als auch Ton nur stotternd übertragen.
Der Gesprächspartner beim Telefonieren ist jederzeit deutlich und laut genug zu verstehen. Auch andersherum kommt alles was gesagt wird sehr vernünftig auf der Gegenseite an.
Bei GPS und Kompass liegt das Xtreme im oberen Mittelklassebereich. Zwar werden keine 100%igen Ergebnisse erzielt, für Fahrzeug – und Fußgängernavigation ist der Empfang jedoch völlig in Ordnung. Lediglich Geocacher müsser vielleicht mal etwas länger suchen um den Schatz zu bergen.
Im Prinzip gilt für das Allview X2 Soul Xtreme das Gleiche wie für das P8 Energy des selben Herstellers: In seiner Klasse ein Super Gerät, sofern man über die Schwächen hinwegsehen kann. Diese liegen bei der deutschen Übersetzung, sowie bei der Verarbeitung. Dafür gibt es ein derart leistungsfähiges Phablet mit DualSIM, SD-Slot und insgesamt sehr vollständiger Ausstattung offiziell in Deutschland kein zweites Mal.
Datenblatt Allview X2 Soul Xtreme
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